Donnerstag, 6. Dezember 2007

Stinketier

„Du Schwein!“

Der recht müde Versuch einer Beleidigung – noch nicht einmal gegenüber einem Gesetzeshüter verboten. Aber wie bei dem ein oder anderen „bildlichen“ Schimpfwort, denkt man kaum über den eigentlichen Wortsinn nach.

Anders in der Türkei: Selbstverständlich beginnt auch hier eine Einladung zum Tee selten mit den Worten ‚Du/Sie Schwein’. Dem Sinn des gesagten wird aber noch eine weitgehendere Bedeutung zugemessen. Woran das liegt, ist offensichtlich. Islam und Schwein, das lass’ sein. So stehts im Koran. Gut so.

Das führt dazu, dass die Schweinelobby in der Türkei ein kleine, oder nicht existierende ist. Außerdem lassen sich mit dem oben genannten Eingangszitat, noch echte Emotionen provozieren. Aus gut unterrichtet/den Kreisen drang die Kunde an mein Ohr, dass die Bezeichnung ‚Schwein’ immer noch kleine Jungen und Mädchen auf den Schulhöfen in „Konfliktsituationen“ geraten lässt…Ob das bei großen Jungen und Mädchen dasselbe ist sollen andere ausprobieren.

Natürlich fristet das Schweinchen in seiner bearbeiteten, essbaren Form ein Nischendasein. Der CarrefourExpress Supermarkt in Cihangir, bietet seinem westlichen Juppieklientel wenigstens eine kleine Auswahl – 200g Kochschinken für fast 10 euro. Dafür bekommt man anderswo schon ein halbes Rind. Die Gerüchteküche berichtet weiterhin von sog. Spezialitätenhändlern, die aus dem Schwein eine Spezialität machen und Spezialitäten sind ja bekanntlich teuer. Das liegt in ihrem Wesen und an der Tatsache, dass es einfach sonst nirgendwo totes Schweinetier gibt. Das ordinäre Schweinefleisch kommt in der Türkei also nicht ohne einen Hauch Exotik daher.

Seit inzwischen etwas mehr als drei Monaten hat sich kein Schweinefleisch mehr in meinem Magen breit gemacht. Dafür so mancherlei anderes wie Innereien von Lamm und Rind, das türkische Gehackte – denkt man jedenfalls am Anfang. Jetzt nicht mehr. Schmeckt aber trotzdem gleich.

Selbst dem letzten Kirchenverweigerer wird aufgefallen sein, dass der letzte Sonntag einer unserer vier Adventssonntage war. Hier eher nicht so. Jedenfalls nicht grundsätzlich. Die Deutschen Schule Istanbul, hat das aber natürlich gemerkt. Und was macht eine deutsche Schule in Istanbul am ersten Advent: Einen Weihnachtsbasar. Und da mit das ganze auch noch schön aussieht schnell noch den Mantel des Guten Zwecks übergezogen. Der rechtfertigt ja bekanntlich alles. Auch einen Preis von fünf Lira für fünf Plätzchen.

Aus verschiedenen Gründen darf auf einem deutschen „Volks“fest eines nicht fehlen: Die Bierstube. Die Gründe für ein sehr zeitiges erscheinen vor Ort meinerseits, sind nicht sehr vielfältig, dafür aber um so Heimat verbundener. Die Marke mit den silberfarbenen Etiketten auf grünem Glas hatte auch Lust auf den guten Zweck. Und so kam es doch, dass Bier tatsächlich zum günstigsten Getränk der gesamten Karte mutierte. Jedenfalls fast.

Wesentlich teurer war aber unsere fleischige Spezialität: Schwein. Von der Meicawurst über Leberkäse hin zum guten alten Kasseler, gab es was das Herz begehrte. Natürlich nur das Herz von Deutschen und „Türken, die deutscher sind als die Deutschen“.

Ausgabestelle der Spezialität war die umfunktionierte Turnhalle der Schule. Ein Raum der die Bezeichnung Halle kaum verdient, aber genügend Platz für alle bot.

Viel bemerkenswerter war aber der Geruch: Beim ersten Schritt in die Halle war klar: So riecht Deutschland: Schweinefleisch, Sauerkraut, Rotkohl, Bier, Menschen. Letztgenanntes gibt’s es natürlich auch hier jeden Tag.

Aber es war unverkennbar der Geruch von Fleisch in der Luft. Und in diesem Falle, eben der von Schweinefleisch. Nachdem das Näschen sich nun 3 Monate entwöhnt hatte, schlug der Heimatgeruch entsprechend ein. Gleichzeitig kam aber auch ein gewisses Verständnis für die Bezeichnung Stink(e)tier auf. Selbstverständlich verströmen auch Lamm- und Rindfleisch ein eigenes Aroma, die Art und Weise des Schweinchens ist aber doch eine andere. Irgendwie aufdringlicher, präsenter und eben vielleicht auch ein bisschen „stinkend“. In Verbindung mit dem Biergeruch hing insgesamt das unverkennbare Odeur eines deutschen Landgasthofes in der Luft. Und das in der Deutschen Schule in Istanbul und alles für den guten Zweck. Ein schöner erster Advent – aber auch genug bis zum Wiedereintritt in den Vorweihnachtlichenkonsumterror. Mit Schweinefleisch.

...weil ja heute Nikolaus ist


Montag, 3. Dezember 2007

Freitag, 30. November 2007

Taksi!

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen,...“ (Kant)

Die gute alte Aufklärung.

Da werden Erinnerungen an den Geschichtsunterricht wach: auswendig vom Blatt vorgetragen, schier unendliche Minuten und Stunden an diesem ‚Herzstück’ der europäischen Geschichte bzw. Philosophie gesessen, viel gedacht und vielleicht doch weniger verstanden. Wie auch immer, die persönliche Aufklärung schien doch mit dem Ende der Schulzeit dankbarer weise beendet oder doch grade erst zu beginnen – jedenfalls bitte ohne auswendig gelernte Formel.

Grob hatte man den Sinn der Sache ja auch verstanden, freies Denken, Selbstverantwortlichkeit und sowieso: Könige und Monarchien gibt’s ja ohnehin nicht mehr. Völlig selbstverständlich das Ganze. Jedenfalls in Europa = ab auf geistige Abstellgleis, ganz nach dem Motto mal-gewusst-mal-gekonnt-aber-ich-bin-mir-da-nicht-mehr-so-sicher.

Und dann passiert es doch, dass im Istanbul der heutigen Tage ein Großangriff gegen die Aufklärung gestartet wird. Und das nicht im politischen Tagesgeschehen, sondern im Volke, wie man in der Politik sagen würde ‚an der Basis’, und das auch noch tagtäglich.

Der Istanbuler Straßenverkehr ist grundsätzlich ein Albtraum. Zumindest für den deutschen Durchschnitts StVO-Akzeptant. Trotzdem wird hier täglich bewiesen, dass Verkehr generell auch ohne großes Regelwerk funktionieren kann. Das dauert zwar ein bisschen länger als im vermeintlichen Idealfall, aber es kommt trotzdem jeder zur Arbeit und zurück. Und das Problem zu weniger, zu kleiner und zu schlechter Straßen für zu viel Verkehr ist in Istanbul ein fast unlösbares.

Die Verkehrswege werden zu gefühlten 20% von Bussen, 40% von Taxis und einem großen Sammelsurium von allerlei Motorisiertem überfüllt.

Eindeutig die aktivste Verkehrsgruppe sind die Taxifahrer. Und genau hier liegt auch der Anfang vom Ende der Aufklärung verborgen. Ein Taxifahrer glaubt hier an genau drei Dinge: 1. Jeder Verkehrstau lässt sich alleine durch die Hupe auflösen (was ein geräuschintensiver Irrglaube ist). 2. Es gibt immer noch einen Platz für ein Taxi – rechnerisch passen auf zwei Fahrspuren nun einmal vier Autos. Und 3. Ein Tourist hat keinen freien Willen (was am Ende in einem noch geräuschintensiveren Irrglauben endet). Das bedeutet, dass jedes nicht türkisch aussehende Wesen angehupt wird. Völlig unabhängig von der Tageszeit, unabhängig davon ob es geht oder steht, Bereitschaft zur Mitfahrt signalisiert, sich unterhält oder eine Straße überqueren will – einfach immer. Als ob der Ausländer nicht eigenständig auf die Idee kommen würde im Bedarfsfall ein Taxi zu ordern oder wenigstens die Hand zu heben oder sich umzudrehen oder was auch immer.

Im Ergebnis sieht das dann so aus: die Gasse, in der ich zurzeit wohne mündet in eine etwas größere Straße, die eine Zugangs “Rally“ für Taxis zum Taksimplatz (d.h. Verteiler und hat nix mit Taxi zu tun)ist. Ab sechs Uhr abends bis ein Uhr nachts ist auf dort stau, ab zehn Uhr am Wochenende wird dann eigenständig eine Einbahnstaraße einberufen. Der Gegenverkehr muss warten. Und wie es der Zufall nun einmal so will, sehe ich halt aus wie eben genau einer dieser geistig unmündigen Touristen – jeden Tag. Also kann ich mir auf dem Weg ins wohlbehütete Heim ein kleines Privathupkonzert anhören. Ganz für mich alleine aufgeführt von gezählten sechzehn Taxis. Nur für mich, falls ich auf die Idee kommen sollte vielleicht ein Taxi zu wollen und das nicht bei den vorherigen fünfzehn gemerkt hätte…

In den Augen des Taxifahrers bin ich wohl noch nicht aus meiner selbstverschuldeten Unmündigkeit herausgetreten, sondern hänge insbesondere im Taxifindungsverfahren noch mittendrin.

Und weil’s so schön ist geht der Spaß heute auch wieder mit einem Zitat zu Ende:

„Byrun, Taksi“ (x3)

was so viel bedeutet wie: „Bitte schön ein Taxi“ und die ‚Hupe’ des ausgestiegnen, Tee trinkenden, immer auf Kundenfang seienden Taxifahrers ist. „Hayir, sag ol!“

Sonntag, 25. November 2007

Uni (2)


Aus Istanbul bloggts wieder…

Erstmal einen kleinen Nachschlag zur Uni:
Mit der ersten Schlägerei auf dem Campus seit drei Jahren, wurde freundlicherweise auf mich gewartet. Tesekür ederim!
Die vielen ‚Hören-sagen Berichte’ über „krasse Schlägereien“, „die Istanbul Universität?! da gings früher echt ab…“, „da gabs früher echt gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen politischen Studenten“…wurden nun für mich ein wenig farbiger ausgestaltet.

13.00 Uhr, Kantine juristische Fakultät: ein Raum im Keller, 10x25m groß, ikea-bunt bestuhlt. Auf der Speisekarte stehen Toast, Milchbrötchen mit Pommes (patates sandwic) inkl. Ketcup und Majonese, Hamburger (Brötchen mit Pommes, 2mm Fleisch und einer sauren Gurke), Wurstsandwich, Softdrinks aller Art und natürlich Cafe und Tee – also durchaus Pommesbuden-niveau. Die Preise sind besser, beim Rest ist man sich nicht so ganz sicher…
Selbstverständlich wird an jedem Tisch geraucht. Das auch nicht erst seit gestern. Dementsprechend sind die Wände getönt. OP-Saal-neon-Beluchtung trifft auf das milde gelb einer seit 10 Jahren nach Anstrich jammernden Wand, deren Ruf nicht erhört wird. Alles in allem also ein Platz, an dem sich die Studenten pudelwohl fühlen, dessen Anziehungskraft auf Freunde der haute cuisine aber doch in Frage gestellt werden darf.

13.01 Uhr, die gesammelten Erasmusstudenten der Istanbul Universität versuchen geschlossen die Kantine zu betreten. Bei drei Menschen und einer ca. 4 m breiten, 10 stufigen Treppe ein nicht allzu schwieriges Unterfangen. Sollte man meinen. Schwieriger wird es aber wenn auf der besagten Treppe ungefähr das gesamte männliche Securitypersonal der Uni versammelt ist - die Frauen müssen derweil die Stellung an sämtlichen Eingängen des Campus halten, auf dass auch bloß kein Fremder „unseren“ kleinen, aber eben doch sehr unspektakulären Hochsicherheitstrakt betritt. Zu den versammelten, ca. 20 Secruritymenschen (-beamten wäre hier natürlich völlig falsch. Von erhöhtem Verdienst darf hier wohl nur geträumt werden. An einer Uni, in der selbst die Professoren z.T. einmal in der Woche an einer privaten Universität lehren, um auf ihr Geld zu kommen…) gesellen sich noch weitere 15 wichtig aussehende Menschen mit Anzug und Funkgerät.
Für die kleinen Erasmusdeppen, die ja überall dümmlich grinsend hineinwackeln und vermeintlich (und leider auch in Wahrheit) von alldem nichts verstehen, alles gar kein Hindernis. Kaffee an der Kasse bezahlen, Kaffee an der Theke abholen, den letzten freien Tisch ansteuern, vom Nachbartisch zwei Stühle ergrinsen und zu guter letzt den leeren Kaffeebecher vom Vorgänger mit seiner neuen Funktion als Aschenbecher bekannt machen.
An einem der anderen Tische haben ein paar Studenten einen Beamer aufgebaut. Vor der möglichen Projektionsfläche sitzen drei Menschen im (Test)bild – wir. Egal, noch läuft ja nix, erstmal abwarten, die Securitys gucken auch alle so angestrengt. Mal sehen ob da überhaupt was passiert. Berk(e) setzt sich an unseren Tisch. Berk(e) kann deutsch: Erasmus in Augsburg.
„Berk was machen die ganzen Leute hier? Wollen die nen politischen Film zeigen? Meinst du das gibt hier gleich noch Ärger?“ – „Hmmm weiss ich nicht, keine Ahnung wer die Studenten sind und was die genau wollen…“ Spricht’s und schon geht’s los. Unter einem scheinbar international gleichen Gebrüll bewegen sich die Kampfparteien durch die Kantine. Tische und Stühle, die im Weg stehen werden auf scheinbar ganz natürliche Art und Weise an einen anderen Ort „versetzt“ und auch wir bewegen uns nun in nicht mehr ganz so gemäßigtem Tempo um den Mob herum in Richtung Treppe, dort wird mein sich boxender „Securityfreund“ vom Studenteneingang „Kütüphane“ grußlos links liegen gelassen und erstmal draußen sein.
Nach und nach folgen uns Studenten, im gnadenlosen Griff der Securitys – auch in der Türkei gewinnt am Ende doch fast immer die Mehrheit…
Worum es nun wirklich ging weiß nachher keiner. ‚Bestimmt irgendwas mit der PKK oder irgendwas mit den Kommunisten’ ist unsere These. Eine bessere These von Seiten der türkischen Studenten wird uns auch nicht unterbreitet. Die betroffenen Studenten tragen auch nur insoweit zur Aufklärung bei, als dass sie lautstark darauf hinweisen, der Beginn der Kampfhandlungen sein den Security zu zurechnen. Das mag stimmen, für mich sah es auch eher so aus, aber am Ende ist so was ja immer schwer zu sagen.
Wie auch immer, 10 Minuten später geht alles seinen gewohnten Gange fort. Berke(e) war das ganze peinlich. Das verstehen wir nicht ganz, warum es ihm jetzt peinlich ist, wenn wir sowas sehen. Egal, er muss weg, wir auch, und der Mob ist ja auch schon längst aufgelöst. Bis auf den nächsten Kaffee in der Kantine dann.

Montag, 12. November 2007

Musik

und nochwas: Wer Lsut auf türkischen Rock hat: Bitte sehr.
Die Band heisst Mor ve ötesi. Heisst so viel wie: Lila und weiter (oder Jenseits) ?!
hab noch mehr. hier erstmal das Internetmusikstübchen der Band.
... leider ein paar Tage zu spät: Sind grade auf Deutschlandtour. Berlin und Köln sind schon vorbei.

myspace.com/morveotesi

Uni (1)

Übermut, der; -[e]s [mhd. übermuot, ahd. ubermuot]: 1. ausgelassene Fröhlichkeit, die sich in leichtsinnigem, ...

so die Umsonstantwort bei duden.de.
Die ausgelassene Fröhlichkeit: Hervorgerufen durch eine einmalige Behandlung in der Univesität. Als erste deutschsprachige bzw. nur deutschsprachige Erasmusstudenten an der Istanbul Üniversitesi fällt einem vieles leicht. Das Zauberwörtchen "Erasmus Ögrencisiyim" öffent einem alle Türen und Toren.
So werden extra für uns eigene kleine Lehrverantslltungen auf deutsch oder englisch eingrichtet. Oder der Professor gibt Buchempfehlungen für deutsch- bzw. englischsprachige Bücher.
Ausserdem spricht einen jeder Student an und offeriert seine Hilfe. Viele können auch ein bischen Deutsch und oder waren auf der deutschen Schule Istanbul.
Nach 2 Wochen ist man bekannt wie ein bunter Hund. Jeder ruft einem ein freundliches "Yuhannes n'apiyorsun?" (frei: Johannes, was geht?) hinterher.
Zentrale Anlaufstelle ist für mich der Raum des Sportclubs (spor külübü) geworden. Nachdem ich meiner verrauchten Lunge mal was gutes tuen wollte und mich offiziel im Team der juristischen Fakultät angemeldet habe, stellte sich heraus, dass eigentlich immer irgendjemand der Mannschaftin besagtem Raum rumhängt. So nun auch ich. Es kommt und geht wer gerade Lust und Freizeit hat. Alles sehr nette Leute. Viele neue und sehr nette Arkadaslar (Freunde).

Der Grund für leichtsinniges Verhalten:
Ein paar krude Versuche Türkisch zu sprechen, die zumindest damit endeten, dass dem gegenüber klar war, was ich sagen wollte. Ausserdem ein paar umgangsprachliche Gesprächseinleitungsfetzen, die fast sogar cool klingen.

der Vorlesungssaal

Das leichtsinnige Verhalten: Der Versuch eine Vorlesung zu Besuchen und etwas zu verstehen.
1.Versuch: Theory of Democracy (Demokrasi Kuramı)
Der Professor kennt mich, weil ich schonmal bei ihm war, um nach Büchern zu fragen.
Ich komme rein: 90% der Anwesenden (ca.60 Leute) schauen mich fragend an.
Der Professor schaut mich etwas weniger fragend an. "Ahh Johannes." Dann kommt die Vorstellung, dass ich ein Erasmusstudent sei. Das verstehe ich. Es folgt etwas was ich nicht verstehe: Erste Lacher in der Runde. Es folgt noch etwas, wobei ich nur meinen Namen wieder erkennen kann: Fast nur noch Lacher in der Runde.
- Türkische Bekannte übersetzt kurz: "Er hat gesagt, dass du ja schon mehr türkische Freunde hättest als er..." - "ahh.." dümmliches grinsen.
Ich verstehe ausser Worten wie "Athena, Demokrasi, Türkiye usw." leider gar nichts.
2. Versuch
Nicht entmutigen lassen. Also Freitag Morgen direkt zur nächsten Vorlesung: Verfasungsrecht I (Anayasa Hukuku I). Der Professor kennt mich nicht. Trotzdem schauen gefühlte 90 % der Studenten auf, als ich den Raum betrete. Diesmal keine Vorstellung und keine Lacher. Schonmal kein schlechter Anfang...
Bleibt leider auch das einzig positive: Ich verstehe absolut überhaupt nichts. Noch nicht einmal das Thema.
Zu meiner Beruhigung wird mir später erzählt, dass das den türkischen Studenten nicht anders geht. Soll wohl der schlechteste oder zumindest am schwersten zu verstehende Dozent der Uni sein...
Mir ists egal. Ich werde es im nächsten Semester noch einmal versuchen. Für dieses reichts bzw. eben nicht.

Teile des Campus. Die Moschee ist nicht auf dem Unigelände. Zwischen Garten und Gotteshaus liegt eine Starsse und ein großer Graben

Donnerstag, 8. November 2007

Nachbarn

endlich:
Jetzt gibt es nur noch eine Grenze im Osten der Türkei, dei fast ohne mediale Aufmerksamtkeit auskommt. Aber das kriegen die Armenier auch noch hin.

Georgien: Seit heute der Ausnahmezustand in Tiflis! Angeblich sind die Russen auch noch mit im Spiel
Armenien:Wie gesagt freidlich und anscheinend auch zu recht stolz drauf...Armenian News
Iran:Da muss man wohl kaum mehr was zu sagen
Irak (inkl. PKK-Norden bzw. Kurdistan): Da muss man wohl noch weniger zu sagen
Syrien: Fast schon alte Schule im nahen Osten.

und in Istanbul: merkt man herzlich wenig von alle dem. Nur mit ein paar Studenten kann man mal so ein Thema anschlagen. Aber da sind die Meinungen meist alle aehnlich.

Nun ja wenn die Türken jetzt auch nicht zur Europameisterschaft fahren und die Griechen mit König Rehakles schuld sind, gibts wohl nur noch die Bulgaren. Die Liebe zu den Armeniern haelt sich ja sowieso in Grenzen

Samstag, 3. November 2007

Fotos

und noch ein paar Fotos:

... ja ja die türkische Preispolitik (es geht um Fleisch)
Beflaggung des Taskimplatzes am Republikfeiertag...

Digitalismus

Gestern war ich Besucher einer feinen Elektrosause. Und das in Istanbul. Da ist man ja aus Berlin einiges gewohnt. Und so kam es dann auch das die auflegenden Herren aus der Heimat kamen. Unter dem Namen "Digitalism" traten sie an, den Istanbuler Indigo club zum kochen, die Masse zum Schwitzen, das Volk zum Ausrasten und die Druppies zum "Wuhu" schreien zu bringen: Es hat funktioniert. Grandioses Gezappel in herrlich überfüllter Atmosphäre ließen dann auch schnell den erhöten Eintrittspreis vergessen. Ich fühlte mich für Stunden bestens unterhalten und meine dancing-shoes wurden in anständigem Maße ihrer Bestimmung zugeführt.
Allerdings wurde der Digitalismus nur von 50 % seiner Mitglieder representiert. Das zweite Mitglied der "wir-waren-auf-dem-kulturspiegelcover-und-sind-der-hype-der-stunde" Band hielt sich vornehm zurück. Egal, auch das halbe Team hat gerockt. Insgesamt also ein feiner Abend. Nur zum empfehlen. Geht hin und tanzt.
Bis dahin: myspace.com/digitalism

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Emlak

emlak=Makler
In Istanbul gibt es wahrscheinlich tausende emlaks. Und wie es der Zufall so will, habe auch ich inzwischen ein paar kennen gelernt. Bedingt durch die weiterhin bescheidene Wohnungssituation reifete in meinem Kopf der Plan nun schluss endlich eine eigene Wohnung zu finden bzw. zu suchen.
Nachdem alle Bekannten mehr oder weniger vergeblich nach irgendwelchen Arkasdaslar (Freunde) befragt wurden, hieß es dann letzte Woche zum erstenmal: Große Emlaktour durch Istanbul. Alleine ist das nicht ganz so spaßig und alleine will ich ja auch nicht wohnen, also zogen Matthias und ich gemeinsame los.
Freitag wurden die diversen emlaks in Cihangir/Taksim abgegrast. Da kam aber nicht viel bei rum. Begründung ist ziemlich einfach: Das von uns gesetzte Budget ist doch ein bisschen zu gering, um was nettes zu finden. Ausser ein paar arg renovierungsbedürftigen Behausungen wurden uns diversen Kellerwohnungen angeboten: Depressionen vorprogrammiert.
Nun denn gestern dann der zweite Versuch. Dieses mal in Besiktas. Ist auch in der Nähe, etwas "normaler" und im Ergebnis auch ein bisschen billiger. Eine nette Wohnung steht im näheren Fokus. Entscheidung dann spätestens Montag.
Viel spannender als die Wohnungen waren aber die so genannten Emlaks selbst: Um sich zum Emalk aufzuschwingen bedarf es in der Türkei wohl nicht viel, ausser ein paar Bekanntschaften und ein bisschen Startkapital. Und so unterschiedlich die angebotenen Wohnungen, so unterschiedlich sind auch die Emlaks: Vom groß aufgezogenen chici-micki Büro bis zum 4 qm Holzverschlag ist alles dabei.
Emlak ist auch kein rein männliches Businnes: Die erste Emlakin hatte wohl aber einen seltsamen Spiegel in ihrem eigenen Heim: Ihre Kleidung und ihr Auftreten standen leider im krassen Gegensatz zu ihrem Alter... Das ging aber noch. So was kennt man ja auch aus der Heimat: Zu viel Make-up, Schokobräune im Regen, wasserstoffblondes Haar, zwei Nummern zu enge Jeans...
In diesem Falle beschränkte sich unsere "Kommunikation" auch wieder auf das wesentliche:
- "Merhaba, Daire (Wohnung), iki Oda ve bir salonu (zwei Zimmer und ein Wohnzimmer)... lütfen!"
- "..."
- "ähh var mi?"(gibt es das?"
- "Evet (ja)! Para? Maximum?"
- "Ahh... Dokuz yüz!" (900 YTL)
- "Dokuz yüz ?"
- "Evet"
Einen Zettel nehmen und 900 aufschreiben, zu uns rüber schieben und fragend gucken.
- "Evet"
- "Tamam" (Okay)
- "Görmek ?" (Sehen, ansehen)
na und dann heisst es dem Emlak wie ein kleines Kind hinterherlaufen und hoffen, dass was nettes bei rum kommt. Auf dem Weg wird dann meist wenig gesprochen.
Das ändert sich nur, wenn man auf einen fußballinteressierten Emalk trifft:
... auf dem Weg zur Wohnung...
- "Futbol?"
- "Evet"
- "Ben, Fenerbace!"
- "Ahh..."
- "Sen... äh you?"
- "Weder Bremen" (Matthias)
- "Ahhhh Wärdär Brämen"
- "1.Fc Köln!" (Johannes)
- "Ahhhh... ?!"
- "Christoph Daum, Ümit Özad Köln´de oyunuyor!"
- "Evet, evet, Ümit Özad cok güzel, cok güzel. Toni Schumacher o de Fenerbace!"
- "Evet Toni Schuhmacher, cok güzel. Köln´de!"
- "hmmm..."
und dann kommt hoffentlich schnell die WOhnung.
Weil die Emlaks zum Teil auch unter einer Decke stecken kommt schonmal vor, dass man sich Sachen zweimal anguckt, aber man ist ja höflich und zeigt erneut ein reges Interesse...
Gestern der 12te Emlak: "Merhaba...." Nach drei Minuten fragt er, ob wir Deutsche seine: "Evet". Wie sich herauststellte, konnte der Mann echt gut Deutsch. Fast vollständig Akzent frei und sicher im Gebrauch: Hatte seine Magisterarbeit in Deutschland geschrieben: Deutsche Kinderliteratur! Im Bücherregal hinter ihm standen dann auch Erich Kästner und seine Freunde aus der Kinderzeit... Das man damit in der Türkei wohl nur Emlak werden kann, ist ihm anscheinend nichtr klar gewesen...
Den Vogel abgeschossen hat dann aber Hüseyin: Er hat acht Jahre lang in Augsburg gearbeitet: Drei auf dem Bau, fünf in ner Diskothek. Sein Deutsch war dann auch dem entsprechend etwas anders, als dass vom Kinderbuchstudent.
Wir kamen dann aber doch noch ins Gespräch. Irgendwann klingelt sein Handy. Er telefoniert. Er legt auf: "Frau!", grinsen. Wir: dümmliches grinsen zurück. Er: "Nicht Ehefrau" breiteres Grinsen, wir: sehr breiztes grinsen.
Er: "Rumänien!".
Wir: "Aha".
H: "Mädchen für neben her!"
W: "aha"
H: "Ihr Mann gleich weg, Ich eine Stunde frei..." Lachen (Wir und er auch)
H: "Ich hab noch eine!"
W: "Wie noch eine?"
H: "Aus Moldawien!"
H:"Aber nehmt keine türkischen Mädchen. Die sind immer so eifersüchtig...!"
W: "danke"
....

Freitag, 19. Oktober 2007

Türkei – Griechenland 0:1

„Türkiye, Türkiye!“

Ungefähr 80 Minuten.

„Terim luzifer!“

gabs die letzten 10 Minuten plus minus eine halbe Stunde.

Und wer war schuld? Mal wieder die Griechen. Kommen einfach mit König Rehakles nach Istanbul und dann gewinnen sie auch noch. Das war aber wirklich nicht schwierig gegen streckenweise beängstigend schwache Türken. Ich dachte ja dass der gute alte Hakan Sükür doch noch ein Glückstor provoziert, aber selbst das hat nicht geklappt. Auch die Nummer 9 der Türken blieb weitestgehend wirkungslos.

Nachdem ich mir das Stadtderby beim letzten mal noch vor dem Fernseher angesehen hatte, wurde es dieses mal ernst: Ab ins Stadion. Mit uns noch ein paar tausend weitere Menschen. Wohl aber weniger als man denken könnte. Warum man das Stadion von Galatasaray, also das kleinste in Istanbul (?!) wählte, bleibt ein Geheimnis des Türkischen Fußballbundes. Das Gerücht, dass dadurch eine intimere oder intensivere Stimmung hergestellt werden sollte Kann man zumindest bezweifeln: Wenn man aus den 22.000 verrückten Zuschauern einfach 40.000 gemacht hätte, wäre das wohl kaum ein Nachteil gewesen. Wie auch immer genützt hats nix.

Vor dem Spiel wurde sich natürlich erstmal schön mit Fanartikeln eingedeckt. Für mich gabs den „Türkiye, Pride of World“-Schal. Der Produzent des Schals wollte, durfte oder konnte dem kleinen „of“ anscheinen keine Bedeutung schenken. Trotzdem, 5 YTL waren ein absoluter Kampfpreis. Und das ohne große Verhandlungen.

Nachdem man die Einlasskontrollen passiert hatte dann noch für jeden eine Gratistürkeifahne. Ein Traum. Oder auch eine kleine Entschädigung: Aufgrund von „Vorkommnissen“ werden alle Besucher am Eingang kontrolliert: Feuerzeuge, Wurfgegenstände aller Art und somit auch das Kleingeld werden konfisziert. Egal, Hauptsache Fahne und dann schnell Sitzplätze reserviert: Die Organisatorin (!) unseres kleinen Fußballausflugs wollte dabei auf Nummer sicher gehen und hatte um ein recht vorzeitiges Erscheinen gebeten: Tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Trotz noch fast leerem Stadion. Während des Spiels saß man natürlich nicht, aber sonst sieht man halt nix.

Als sich das Stadion gegen Anpfiff langsam gefüllt hatte kamen dann noch zwei freundliche Polis-Beys auf unsere Gruppe zu und suchten ein Gespräch: Wie sich herausstellte nicht ganz ohne Grund: Eines unserer Gruppenmitglieder sah nach ihren Vorstellung im gegenwärtigen Zustand doch zu griechisch aus… Trotz der Versicherung, dass wir Deutsche seien und seinem Hinweis, dass er während des Spiels hinter uns stehen würde, kam dann kurz ein komisches Gefühl auf…

Lösung: Natürlich die Fahne: Doppelt beflaggt versuchten wir nun noch intensiver unsere absolute Türkeiunterstützung auszudrücken. Hat funktioniert.

Wie sich herausstellte, war das alles aber gar nicht nötig. Sowohl während des Spiels, vor allem aber auch nachher gab es keine komischen Situationen oder große Randale. Bemerkenswert in dieser Hinsicht waren höchstens „meine“ bzw. später zum Glück „unsere“ Freunde Sinan und „keine Ahnung“. Mit verhältnismäßig gutem Englisch wurde das Standardfrageprogramm schnell beantwortet (Wer, was, warum, like Istanbul?, Hukuk(Recht)?...Ohhh.). Dann stellte sich heraus, dass beide als Flugbegleiter oder so etwas in die Richtung arbeiteten und nächste Woche nach Hamburg fliegen würden. Besonders Sinan konnte nach meinen doch noch recht verhaltenen Schilderungen St.Paulis (Nice,nice girls…yes, much, much girls…yes much, much party…) kaum noch an sich halten.

Nachdem also wider etwas für die Völkerverständigung getan war kam das Spiel: Das war unspektakulär und eher mau.

Trotzdem ein netter Abend, der selbstverständlich noch mit einem Efes beendet wurde – das gab es natürlich nicht im Stadion. Dafür aber Nüsse, Esskastanien, Sonnenblumenkerne, Pistazien, Tee, Sandwich und 20 verschiedene Sorten Zigaretten mittendrin. Natürlich.


auch die Polis-beys wollten sich das Spiel nciht entgehen lassen

Dienstag, 9. Oktober 2007

Fernsehen

und weils so schön ist heute gleich noch einen Text...
Diesmal gehts um das türkische Fernsehen.
Grundsätzlich kommt es doch sehr unterschiedlich daher.
Der kleine Mann leistet sich nur den "normalen" Antennenempfang, was dann bei TRT 1,2,3... und CNBC anfängt und auch schnell wieder aufhört.
Der "normale" türkische Haushalt kommt aber nicht ohne Digiturk aus. Das ist eine art pay-tv in Verbundung mit einer überdiemensionalen Satellitenschüssle. Die kann man dann auch selbstverständlich an jeder Ecke kaufen. Ist aber auch für türkische Verhältnisse relativ teuer.
Was das Digiturk im Monat kostet weiss ich nicht, so viel wie Premiere aber wohl nicht. Durch den im wahrsten Sinne des Wortes galaktischen Empfang mit dem Digiturkreceiver lassen sich dann problemlos 900 Kanäle empfangen.
So auch bei meiner Vermieterin. Kanal 70 ist dann ZDF, 517 Deutsche Welle TV, 523 ARD, 524 RTL II CH... auf die Tagesschau in guter Bild und Ton qualität müsste ich hier also theoretisch nicht verzichten. (Das alles weiss ich erst seit Sonntag, da hatte ich den Digiturkfernseher zum ersten Mal für mich allein...7 Stunden lang)
Was das türkische Fernsehprogramm dagegen ausspuckt ist in seiner Masse unüberschaubar, in seiner Qualität durchschnittlich aber irgendwo zwischen Super RTL und N24 anzusiedeln.
NAtürlich gibt es auch so genannte Wissenkanäle, aber auf denen läuft ganz N24like den ganzen Tag dasselbe.
Zur Ehrenrettung muss man aber sagen, dass es ein großes englischsprachiges Programm gibt. Alle bekannten amerikanischen Serien gibts dann im Original mit unsäglichen türkischen Untertiteln. Ist aber praktisch. So kann ich mit meiner Vermieterin zusammen vor der Mattscheibe sitzen: Ich höre zu, sie liest mit. Neueste Entdeckung: Mad Men, eine Werbefirma im New York der 50er Jahre.
Ansonsten besteht das Programm aus Soaps: Jeder Türke, der nicht völlig unterbelichtet ist müsste eigentlich in einer Soap mitspielen. Unvorstellbar wer das alles gucken soll.

Meine Vermieterin hat auch schon ihren Fernsehauftritt hinter sich. Ihr Sohn wurde letzte Woche für eine Dokumentation über seinen Chef interviewt.
Nurcan (Vermieterin) trat dann gestern als "Art-director" in Erscheinung: Ich stand in der Küche und plötzlich kam aus dem Wohnzimmer ein aufgeregtes:"Johannes. quik. come!"
auf einem der unzähligen Kanäle lief dann ein Videoclip einer türkischen Sängerinn, den Nurcan als Artdirector ins Leben gerufen hatte. Gedreht wurde das ganz ein Stockwerk unter unserer Wohnung, beim alten Herrn, der den ganzen Tag vor der Türe sitzt und "Merhabas" verteilt.
Herrlich: fast 80 Millionen Menschen im Lande, fast 15 in Istanbul und ich kenn schon die Leute im Fernsehen. Wenn das mal keine Karriere für einen Erasten ist.


wohnzimmer gibts leider noch nicht als foto. also mein bescheidenes zimmer als ersatz

Stille über Istanbul

Ramazan. Ramadan. In Deutschland kennt man es als Ramadan, hier nennt es sich Ramazan. Man sollte davon ausgehen, dass in Istanbul die Experten am Werk sind, also Ramazan.

Wie auch immer, es geht ums Fasten. Der gläubige Muslim darf im Ramazan einen Monat lang nur Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen bevor die Sonne auf- und nachdem sie untergegangen ist.

Dafür gibt es dann einen speziellen Kalender, auf dem die „offiziellen“ Uhrzeiten, also wann die Sonne auf- und wieder untergeht, vermerkt sind. Ob die persönliche Uhr richtig geht kontrolliert anscheinend jeder selbst. Jedem seine eigene Richtzeit.

Selbstverständlich zieren die Fastenbrechzeitkalender Werbung für Brot, Fleisch und Putzmittel. Man kann schließlich auch mit dem Fasten Geld verdienen.

Als untrügliches Zeichen dafür, dass es dann mit dem Tagesfasten vorbei ist, kann aber der Ruf des Muezzins von der Moschee verstanden werden. Spätestens wenn der Ruf aus den alten und scheppernden Boxen über das ganze Viertel ertönt, darf man reinhauen was das Zeug hält. Der erhebende Eindruck wird jedoch nicht wirklich dadurch verstärkt, dass anscheinend auch bei den Muezzins die Uhren nicht alle gleich ticken. Da darf der gläubige in Moschee A theoretisch schon vor dem Gläubigen in Moschee B das Fasten brechen. Schicken doch die Moscheen ihre frohe Kunde nicht wirklich synchron über den Viertelsäther.

Vorausgesetzt natürlich, dass man überhaupt einen Monat nach den Regeln des Ramazans lebt. In Istanbul gibt es genug Türken, die sich nicht aktiv am Ramazan beteiligen. Auch nicht passiv. Vorstellungen von leeren Geschäften und Problemen bei der Nahrungsbeschaffung sind zumindest in Taksim, sehr westlich alles hier, völlig unvorstellbar. Unterwürfe man sich wirklich hundertprozentig den Regeln des Ramazan, wäre selbstverständlich auch das Rauchen und der Alkoholkonsum verboten. In der rauchenden Türkei könnte sich das fast zu einem Volkswirtschaftlichen Problem auswachsen. So gibt es doch auch Menschen, die sich das Warten auf den Untergang der Sonne wenigstens mit Zigaretten zu verkürzen versuchen

Und doch merkt man eine gewisse Veränderung im alltäglichen Leben. Die Restaurants sind tagsüber merklich leerer, das Hupen der Taxifahrer wird von Stunde zu Stunde grundloser, und gerade gegen Abend tauchen mehr und mehr Menschen auf den Strassen auf, die gemeinsam auf etwas zu warten scheinen.

Der Moment auf den dann doch einige Menschen warten, birgt schlussendlich eine ganz eigene Ruhe in sich. Aus den Häusern strömt der Geruch von Köfte und gebratenem Gemüse, Lokale, in denen man, wenn überhaupt die nicht vorhandenen Alkoholiker vermuten würde, sind bis auf den letzten Platz gefüllt, das Leben verlagert sich in Gruppen um große Tische und sogar der Autoverkehr nimmt ab. Alles für den Augenblick, an dem endlich wieder Nahrung und vor allem auch Flüssigkeit zu sich genommen werden darf.

Der Außenstehenden bemerkt nach ein paar Tagen allerdings auch noch ein ganz anderes Phänomen: Es herrscht eine untypische Ruhe. Istanbul, eine Stadt, in der die Menschen auf der Straße „leben“, in der es einen irrsinnigen Verkehr gibt und in der ständig die Luft von einem lauten Schrei, Gebet oder Gebell zerschnitten wird, ist für 5 bis 10 Minuten ruhig. Gespräche verstummen, gelacht wird mit vollem Mund, der Taxifahrer macht Pause und für eine kurze Zeit kehrt Stille ein.

Bis der erste Hunger gestillt, die Pause vorbei oder der Tourist zahlen möchte. Er hat ja schon fertig gegessen.

PS: Die bei uns als "türkisches Fladenbrot" bekannte Backware gibt es hier nur einen Monat lang: Während des Ramadan. Deshalb heisst es dann auch Ramazan Pidesi und ist ein Verkaufsschlager in jeder Pastanesi (Bäckerei)
PPS: Am 12.10, also Donnerstag ist das Fasten dann vorbei. Dann gibt es einen gesetzlichen Feiertag und ein Wochenende wird gegessen.

Sonntag, 30. September 2007

Stadtderby

Gestern Abend wurde ich Zeuge des ersten Istanbulerstadtderbys seit der Jupp-Bey´schen zeitrechnung. Galatasaray gegen Besiktas (Istanbul). Alles Kneipen, in denen das Spiel übertragen wurde waren brechend voll. Alle anderen gähnend leer. Ich war also nicht der einzige, der auf die Idee kam, das Spiel in luftiger Freiluftkneipenatmosphäre zu verfolgen. Nachdem die erste Halbzeit, dann auch schon zur Hälfte vorebi war, gab es dann einen lauschigen Platz in der 12.Reihe Aussenterasse, kleiner Minihocker. Leider mit dem Nachteil nur die Hälfte vom Bildschrim sehen zu können. Das führte aber zu ungewohnter Hals-Nacken-Gymnastik bzw. Verenkungen, um den Ball zu verfolgen.
Von der Stimmung hatte ich mir mehr erwartet. Das geneigte Fussballpublikum hielt sich doch eher vornehm zurück. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass sich die Kneipe nicht wirklich einig war, welches Team das bessere sei. Auf Seiten der Fans gab es vielleicht ein leichtes Übergewicht zugunsten von Besiktas. Kann aber auch sein, dass dort der Entuhsiasmus beim Jubeln größer und somit der Geräsucpegel höher war.
Insgesamt erfreute sich das Spiel aber großer Beliebtheit: Vom Chef, über den Türsteher bis zu den kleinen Laufbruschen standen doch alle in Sichtweite des Fernsehers. Der war natürlich ein neuestes Plasma-10cmtiefe-Flatron-Gerät. Scheinbar zählt hier eine Bar, ohne ein solches Unterhaltungsinstrument doch recht wenig. Ausser in den "normalen" bos "linken" Etablissements, ziert jede Kneipe und jedes Restaurant doch zumindest ein Flachbildschirm. Da läuft dann zur Not auch mal Fashion TV. (24h Models, die über den Laufsteg wackeln und die neueste Mode präsentieren).
Das Spiel endete dann schließlich 2:1 für Galatasaray. Dafür, dass die Etscheidung durch einen aus meiner Sicht doch zumindest streitbaren Elfmeter fiel, waren die Gemüter aber doch nicht wirklich in Wallung. Sowas gibts dann wohl in den "normalen" etwas ausserhalb gelegenen Bezirken. So wie in Deutschland halt auch.
Was man noch anmerken kann: Es war nicht irgendein Stadtderby, sondern das erste seiner Art, das hinter verschlossenen Türen stattfand. Keine Fans im Stadion, bedeutete eine lockere Trainingsspielatmosphäre, in der jeder Pfiff des Schiris und jedes Fluchen der Spieler wortwörtlich zu verstehen war - zumindest für einen Türken. (Die Pfiffe hab ich auch verstanden...). Der Grund für die Sperre waren angeblich irgendwelche Gegenstände, die in letzter Zeit vermehrt den Weg von den Rängen auf den Rasen gefunden hatten. Die Quelle (Turkish Daily News) ist aber in meinen Augen nicht gerade berühmt für seinen leider nur einseitigen Sportteil...
Danach ging es dann noch in einen Club, in dem eine türkische Flokloreband spielte: alles junge Leute in der Band, sowie auf der Tanzfläche. Leadsänger und Bassist hätten glatt den Leuten auf der Castingallee konkurrenz machen können - Folkloremusik und "coole" junge Leute schließen sich hier also nicht grundsätzlich aus.


...das Spiel wollte sich wirklich keiner entgehen lassen.

Freitag, 28. September 2007

Kunst und Christo

ja da gehe ich vor ein paar Tagen durch Istanbul spazieren und entdecke ein wunderbares Stück Aktionskunst: Ein ganzes Gebäude eingepackt in weiße Plane. Und damit der Wind auch was davon hat flux noch ein paar Löcher reingeschnitten.
Merkwürdig war nur, dass niemand davon Notiz nahm. Lediglich ein paar Uniformierte Polis Beys saße in ihrem Bus davor. Sie waren aber doch mehr mit sich und ihren Maschinengewehren beschäftigt, als mit dem Kunstwerk. Und auch sonst schienen sie sich doch herzlich wenig um das Werk zu kümmern. Ihr Schutz bzw. die entstehende Einschüchterung sollte doch eher dem nahe gelegenen Busbahnhof Besiktas gelten...
und dann kam mir doch in den Sinn, dass in Deutschland so was auch mal gab. Das eingepackte Haus war zwar scheinbar wichtiger, der Effekt aber derselbe. Nur Fotos ohne staunende Touristen konnte man damals nicht machen. und teurer war der ganze Spass auch, vielleicht auch besser bewacht, obwohl ich die tükischen Uzis nicht unterschätzen würde.
...also eigentlich fast daselbe, man muss halt nur wissen wie man es präsentiert. Dass hat der türkische Usta (Meister für alles, was mit handwerklicher Arbeit zusammenhängt) wohl vergessen. Dabei hatte er doch sogar an den Wind gedacht...

original:

Christo and Jeanne-Claude
Wrapped Reichstag, Berlin 1971-95

Photo: A. Kazimir Ciesielski
©1995 Christo

...modenr art Besiktas:

Foto

...voila Istanbul von oben. wunderschön!

...das ist die blaue moschee aus der hagia sophia heraus fotografiert. toll!

Hos geldiniz

Merhaba, Hi und herzlich willkommen bei Radio Bosporus.
Ich bin euer Dj für das nächste Jahr, mein Name ist Jupp Bey und hier ist der erste Song...
...also das mit Musik wird jetzt erstmal nichts. Kommt alles später, aber der Tee im Cafe ist schließlich auch nicht geschenkt.
Der wenig einfallsreiche Name dieser Veranstalltung hier, ist darauf zurückzuführen, dass anscheinend jeder Depp der Welt einen Blog hat. Und weil jeder Blog einen Namen braucht, sind schon alle weg. Alle Versuche eines kreativen, einprägsamen und unterhaltenden Namens scheiterten an der "Verfügbarkeit prüfen"-Funktion bzw an der Antwort "Leider nicht verfügbar".
Vielleicht hätte ich es mal mit etwas anrüchigeren Namen versuchen sollen: Riesencock20cm oder auch istanbulfreesexhostel. Bleibt die Frage nach der Antwort der Verfügbarkeitsmaschine. Aber vielleicht ist die Sexszene im Internet noch nicht bei den Blogseingestiegen, wer weiß...