Samstag, 12. Januar 2008

Regeln, Rot und Blau

Wieder zurück. Wieder da. Wieder hier.
Wie auch immer, der Wiedereintritt in die Istanbuler Halbwelt ist geglückt. Und aus dem Wiedereintritt wurde auch ganz schnell ein erneuter Wiederaustritt: Der dritte Umzug in vier Monaten - ein Mietnomade im etwas anderen Sinne.
Keine drei Stunden nach meiner Ankunft klingelt das mobile Telefon. Johannes ein Freund hat in seiner Wohnung ein freies Zimmer: Willst du es haben? Ach ja, bist du eigentlich schon wieder in Istanbul? Wie immer: erst das Geschäft, dann das Private...
Abends die Wohnung angeschaut, die berüchtige einmal-drüber-schlafen-bedenknacht erbeten, und am nächsten Tag umgezogen. Es kann doch alles so einfach sein.
Na ja jetzt gibts keine Küchenschaben mehr, auch keine deutschen Mitbewohner, dafür aber eine Tür, ein richtiges Bett, einen Tisch und einen Stuhl, ein bisschen Schimmel und kein Tageslicht - ein Traumschloss. Ausserdem gibts es noch einen weiteren Höhlenbewohner: Orkun, Türke, geht auf die dreissig, hat kaum Haare auf dem Kopf und bringt tagsüber Menschen bei, wie man die Kaffeemaschinen im Gloria Jeans Cafe bedient.

Zweieinhalb Wochen in der Heimat haben aber auch ihre Spuren hinterlassen: Deutschland deine Regeln! Ein Traum. Im Leben gewisse Dinge als vorausberechenbar und funktionierend anzusehen ist schön. Und noch schöner ist es wenn auch alles wie vorausberechnet funktioniert. Und ach wie schön ist demnach Deutschland.
In der Türkei muss zu dieser vermeintlich simplen Rechnung, noch ein kleiner Faktor hinzuaddiert werden: Chaos. Durch eine gute Protion des eben genannten wird sowohl das Vorausberechnen, als auch das Funktionieren schwieriger - für den Westeuropäer noch schwieriger.

Wie so manche Wohnung hat auch die neue eine Dusche. Noch keinen Duschvorhang. Keine Heizung. Aber ein Toilette und ein wenig Schimmel. Ausserdem macht duschen mehr Spaß, wenn das Wasser warm ist. Gerade im Winter. Und weil Regeln und Systeme das Leben ja einfacher machen, hat man warm mit rot und kalt mit blau "verbildlicht".
Also ab in die Dusche, Wärme produziert nur der Durchlauferhitzer, und schön den roten Hahn gedreht. Wasser kommt. Wasser ist kalt. Warten. Wasser ist immer noch kalt. Mal den blauen Hahn drehen. Wasser kommt. Wasser ist kalt. Genervt sein und nicht warten. Noch mehr genervt sein in Aussicht einer klaten Dusche - Sparprogramm: nur die Haare waschen. Später Orkun fragen, wie das mit dem Gerät funktioniert.
Nächster Tag: Vergessen Orkun zu fragen. Dieselbe Duschsituation. Wieder bei rot kein warmes Wasser zu bekommen. Dieses mal muss der Körper aber wirklich mal unters kalte Nass: 15 Minuten duschen folgen: Linker Arm unters Wasser, Erfrierungen dritten Grades, eine Minute warten. Rechter Arm unters Wasser und so weiter. Beim Kopf tuts dann irgendwann auch weh und beim Rest sowieso. - Auf jedenfall Orkun fragen wie das geht, verdammt.
Abends: Johannes: "Orkun, how can I turn that fu... water in the shower hot?"
"Ahh, Jooohannes very easy." "No it is cold all the time"
Orkun betritt die Dusche, dreht den blauen Hahn und wartet. Johannes: "But thats the one for the cold water, I used the red one. Thats hot water..." Orkun wartet, das Wasser wird warm, beim blauen Hahn, Orkun guckt mich an:

"Johannes, if you were a Turk, you know that the colour doesn't mean anything"

... hätte ich besser auch mal beim blauen Hahn gewartet.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

LOL, sonst bist du doch auch nicht zaghaft dich ans "blau" zu wagen bzw. zu werden. Eigentlich hätte dich die Frabe doch magisch anziehen müssen... ;)